Die Kaiserpfalz war für die Nationalsozialisten ein symbolischer Ort der Demonstration deutscher Größe über die Jahrhunderte hinweg.
Insofern unterschieden sie sich nicht von den Protagonisten, die zum Ende des 19. Jahrhundert deren innere und äußere Restaurierung
organisiert hatten. Die NS-Machthaber mochten sich allerdings nicht mit der Innenausstattung, den Gemälden von Hermann
Wislicenus, anfreunden. Denn seine heroisierende Darstellung deutscher Kaiser und ihres deutschen Reichs seit dem Mittelalter
kollidierte mit dem Anspruch der Nationalsozialisten, mit dem „Dritten Reich“ das größte Reich aller Zeiten geschaffen zu haben.
Die ausladende, sanft ansteigende große Wiese vor dem Gebäude nutzten die NS-Machthaber für Massenkundgebungen. So zum Reichserntedankfest:
Als Adolf Hitler 1934 – vom Reichserntedankfest aus Hameln kommend – der Reichsbauernstadt einen Besuch abstattete, waren die Bewohnerinnen
und Bewohner schier aus dem Häuschen. Die Stadt war mit Hakenkreuzfahnen geschmückt, Gebinde aus Tannenzweigen säumten die Zufahrtstraßen,
Girlanden mit Wimpeln und Fähnchen hingen aus den Fenstern der Anwohner in der Adolf-Hitlerstraße, am Markt und im Hohen Weg.
Im großen Saal der Kaiserpfalz überreichte eine Abordnung des Reichsnährstands aus dem Kreis Goslar Hitler die Erntekrone und Erntegaben.
Besondere Aufmerksamkeit erfuhr der Vorplatz der Kaiserpfalz auch am 9. November jeden Jahres. An diesem „Tag der Märtyrer“, zur
Erinnerung an den Marsch auf die Feldherrnhalle in München, dem gescheiterten Hitler-Ludendorff-Putsch von 1923, schworen sich Partei,
SA und angeschlossene Organisationen mit dräuenden Parolen, unter Fahnen und klingendem Spiel, umrahmt von einem durch
Flugabwehrscheinwerfer gebildeten Lichterdom auf ihren Zusammenhalt bei der Ausübung ihrer Macht ein.
Von hier ging 1938 die Zusammenrottung zur Gewalt gegen jüdische Bürgerinnen und Bürger aus, ein reichsweit von der Parteispitze
organisiertes Pogrom, das als „
Reichskristallnacht“ in die Geschichte der Verfolgung und schließlich
Vernichtung der deutschen und europäischen Juden einging.